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Brailleschrift

Die Brailleschrift (nach Louis Braille) ist eine der bedeutendsten Erfindungen des 19. Jahrhunderts und wohl das wichtigste Element bei der Integration blinder Menschen in die Gesellschaft. Die mit den Fingern leicht zu ertastende Punktschrift findet heute nahezu weltweit Verwendung. Ihre Grundform besteht aus 6 Punkten pro Zeichen, woraus sich 63 Kombinationsmöglichkeiten ergeben. Im Vergleich zur Normalschrift ist der Platzbedarf für Brailleschrift um ein Vielfaches höher.




Neben der Brailleschrift, die buchstaben- und zeichenweise geschrieben wird, wurde ein Kurzschriftsystem entwickelt, mit dem eine Platzersparnis von etwa 30 Prozent erzielt wird. Die Kurzschrift lässt sich wesentlich schneller lesen und ist heute praktisch Standard. Flüssiges Lesen und Schreiben der Kurzschrift setzt die Beherrschung von etwa 300 Kürzungen und zahlreichen Anwendungsregeln voraus. Geübte Blinde erreichen mit ihr Lesegeschwindigkeiten, die das normale Sprechtempo übertreffen können.

Auf einfachste Weise wird die Brailleschrift mit einer Schreibtafel (Punktschrifttafel) geschrieben. Auf der Grundfläche der Tafel sind die 6-Punkte-Formen als Vertiefungen ausgeprägt, das aufklappbare Gitter erleichtert das Schreiben. Mit einem Griffel werden die Punkte von oben, also seitenverkehrt, in das Papier gedrückt.

Komfortabler und schneller lässt sich die Brailleschrift auf einer Bogenmaschine oder auf einem Streifenschreiber schreiben. Die Punktschriftmaschinen verfügen über 6 Grundtasten, die man zum Erzeugen der Punktschriftzeichen in der jeweiligen Kombination gleichzeitig drückt. Das für Brailleschrift gebräuchliche Papier hat etwa das doppelte Flächengewicht normalen Schreibmaschinenpapiers. Heute können die Brailleschrifttexte auch am Computer erstellt und über einen angeschlossenen Punktschriftdrucker ausgedruckt werden.



  • 1829 Herstellung des ersten Buches unter Verwendung der Brailleschrift in Paris
  • 1837 Entwicklung eines Musikschriftsystems für Blinde durch Louis Braille
  • 1841 Druck des ersten deutschen Braille- Alphabets in Breslau
  • 1847 Druck des ersten Buches in England
  • 1876 Gründung des Vereins zur Förderung der Blindenbildung auf dem II. Europäischen Blindenlehrerkongress in Dresden
  • 1879 Offizielle Einführung der Brailleschrift in Deutschland
  • 1881-1886 Erstmalige Herausgabe eines Lesebuches in deutscher Brailleschrift
  • 1888 Einrichtung der ersten deutschen Punktschriftdruckerei
  • 1895 England: Verbesserung des Braille- Druckverfahrens durch Erfindung des "Stereotyp-Makers"; Deutschland: Entwicklung einer Maschine zum Anfertigen von Stereotypplatten in Punktschrift
  • 1899 Entwicklung der ersten brauchbaren deutschen Punktschrift-Bogenmaschine durch Oskar Picht
  • 1904 Beschluss der endgültigen Fassung eines deutschen Kurzschriftsystems in Halle
  • 1910 Entwicklung des ersten deutschen Punktschrift-Streifenschreibers durch Oskar Picht in Berlin
  • 1919 Einführung der Mathematik- und der Chemie-Schrift in Marburg
  • 1929 Einführung der Internationalen Braille- Musikschriftsystems in Paris
  • 1943 Einführung der "Einheitsstenografie für Blinde"
  • 1961 Einführung einer Verhandlungsstenografie auf der Basis des 8-Punkte-Systems
  • 1968 Einführung des automatischen Punktdrucks mittels Computer
  • 1971 Reform (völlige Neubearbeitung) der Kurzschrift von 1904
  • 1972 Entwicklung der elektromechanischen Braillezeile in Stuttgart
  • 1980 Erstmaliger Einsatz automatischer Prägungsmaschinen
  • 1998 Reform: Anpassung an neue deutsche Rechtschreibung und Berücksichtigung der Computerschrift