|
Nach der Maueröffnung kam ein Brief aus
Bayern im Strasburger Gymnasium an, der den Wunsch nach Kontakten
signalisierte. Der Anfang war schnell gemacht, 1991 rollt der Zug gen
Augsburg. Wir, 26 junge Leute der 11. Klasse aus Mecklenburg- Vorpommern,
besuchen das katholische Mädchengymnasium und räumen etliche
Vorurteile aus. Die Angst vor Ungewohntem weicht bereits auf dem Bahnhof,
als wir von der Big Band der Schule mit heißen Glenn-Miller-Songs
begrüßt werden. Vielfältige Erlebnisse folgen.
Im Jahre 2001 fahren bereits zum 10. Male
junge Leute quer durch Deutschland, um zu schauen, wie die Gleichaltrigen
lernen und leben, welchen Interessen sie nachgehen, welche Musik sie
mögen, wie sie miteinander reden und was ihnen wichtig ist. Ganz sicher
ist zu spüren, dass ganz andere Kulturen aufeinandertreffen, die
vielleicht mehr Trennendes haben als Ländergrenzen. Gemeinsamkeiten
sind dennoch schnell gefunden, gute Voraussetzungen,
um Horizonte zu erweitern.
In den Schulen, in den Familien, im Freundeskreis, auf Ausflügen und Exkursionen
gibt es Spaß und unvergessliche
Momente. So bleiben die Wanderungen in den Alpen, auf der Insel Rügen,
die Radtouren im Mecklenburgischen, Berlin-Trips, Sportwettkämpfe, Partys, Theater-
, Kino-, Disco- und Ausstellungsbesuche in bester Erinnerung. Der
erfahrenste Austausch-Lehrer, Herr Langenecker, nimmt jede Hürde,
um uns auf die höchsten Wipfel zu treiben. Frau Künz, die Initiatorin
des Projektes, achtet auf anspruchsvolle Theatererlebnisse in Berlin und
in München, Herr Borgwald bringt die sportliche Linie ins
Programm. Künstlerische Projekte liegen in den Händen von Frau
Hundt.
Gemeinsamer Unterricht müsste
zwar nicht unbedingt sein, tun wir aber den Lehrern den Gefallen.
Wir arbeiten sogar mit, nur Zensuren bleiben in der
Heimatschule, bitte. Interessant sind auf
jeden Fall die Wichtungen. Dominieren in Augsburg die alten
und neuen Sprachen, gibt es im Norden mehr aus den Natur-
wissenschaften zu erfahren.
Projektorientierte
Exkursionen führen in Betriebe der Regionen. So lernen die Augsburger
Mädchen z.B. den erfolgreich arbeitenden Strasburger Fleischmarkt oder
die moderne Kläranlage kennen, in Augsburg können Einblicke in die
Textilindustrie gewonnen werden. Besonderer Beliebtheit aber erfreuen sich
die Besuche in den berühmten Brauereien der Stadt, nicht nur, weil es
einiges zu sehen gibt, denn in der betriebseigenen Wirtschaft warten
Gaumenfreuden wie die typisch bayrischen Brezeln und natürlich der
frische Gerstensaft. Auch im alten Kloster Andechs, oben in den Bergen, wird das
von den Mönchen gebraute Bier gekostet.
Inzwischen wird die Strasburger
Schule dem Oskar-Picht- Gymnasium in Pasewalk angeschlossen.
Der Schüleraustausch aber lebt weiter.
Die ersten
Klassen lernen bereits die Kreisstadt
und das altehrwürdige neugotische Schulhaus kennen,
auch das 10-jährige Partnerschaftsjubiläum wird
hier gefeiert.
Was bleibt ?
Es bleibender gepflanzte Baum auf
dem Schulhof, der groß geworden ist; viele Erlebnisse und Erinnerungen;
Freundschaften, die über Jahre bestehen; unzählige Fotos;
Übernachtungsmöglichkeiten für die Durchreise zum Norden oder Süden;
neue Erkenntnisse und ein Stück wahr gewordener Wiedervereinigung. Es
bleibt auch die Freude auf neue Begegnungen .
Danken wir
allen Eltern , die für eine freundliche Aufnahme, die
beste Küche und Ausflüge in die Umgebung
sorgten,
den engagierten Lehrerinnen und Lehrern mit dem Sinn für Bildungs- und
Erlebnishöhepunkte,
den gesellschaftlichen Partnern wie den Pastoren, Bürgermeistern, Betriebsleitern, Schriftstellern und Künstlern, die Zeit für Gespräche
und Rundgänge mit uns hatten, und den Mitgliedern der Schulleitungen,
denen der Schüleraustausch wichtig ist und die ihn
unterstützen.
Pasewalk, 15. Februar
2001
R. Hundt, Schulleiter
|