Austauschschueler - Tagebuchnotizen 2003/2004- Franziska Rodewald |
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Hola, It's me again! ![]() Aber dieses Mal werde ich mich bemühen, nur Deutsch zu schreiben, damit es keine Klagen mehr geben kann. Wow. Es ist schon fast sechs Monate her, seit ich in Berlin ins Flugzeug gestiegen und hergekommen bin und somit ist über die Hälfte meiner Zeit hier auch schon vorüber. Auf der einen Seite finde ich das schon super, da mir meine Familie und Freunde sehr fehlen, aber auf der anderen Seite ist es auch ein wenig traurig, da ich mich endlich an Amerika gewöhnt habe und meine neu gefundenen Freunde hier auch wieder verlassen werden muss. Aber gut, bis dahin ist es ja noch ein bisschen Zeit. Ho-ho-ho oder Hühnermord zu HeiligabendIch wollte auch erstmal über mein amerikanisches Weihnachtsfest erzählen, was wie fast alles hier schön, aber doch etwas verrückt verlief. Es war natürlich eine Zeit, in der ich viel an zu Hause denken musste, aber die kitschig bunten Dekorationen und die nonstop laufenden Weihnachtslieder und -filme haben mich etwas abgelenkt und mich in die richtige Stimmung für ein amerikanisches Christmas versetzt. Am 24.12., was hier nur der Vorabend für das richtige Weihnachten ist, an dem es auch die Geschenke gibt, kamen unsere beiden älteren Gastgeschwister zu einem frühen Abendessen oder spätem Mittag. Aber es gab keine Ente mit Wein oder etwas in der Richtung, sondern Schweinekotelett und ich ruinierte den kleinsten Hauch der Festlichkeit indem ich eine große Ketchupflasche mitten auf dem Tisch platzierte und Line trug ihren Teil mit einer Colabüchse bei - na ja, immerhin ist das hier Amerika, richtig?!![]() ![]() Es wäre aber auch ansonsten nicht sehr festlich geworden, da das Gesprächsthema, ich habe absolut keine Ahnung wie, auf das Schlachten von Hühnchen und Kühen kam. Der Tiefpunkt wurde dann erreicht als mein Gastvater die Story erzählte, als er einem Dutzend Hühnchen den Kopf abhackte und die dann alle kopflos im Garten rumflitzten. Ich flüchtete ins Wohnzimmer und sah mir einen Weihnachtsfilm an. Doch gegen Abend setzten wir uns alle im Wohnzimmer vor den Kamin und es gab Geschenke, was die Laune natürlich um einiges hob. ![]() Wir hatten alle eine schöne Zeit und es gab haufenweise Geschenke. Unsere Gasteltern stellten uns dann vor die Wahl: Kirche um 11 Uhr abends oder um sieben Uhr morgens. Obwohl Line und ich wirklich müde waren, entschieden wir uns für den späten Gottesdienst und ich wollte die Zeit bis dahin eigentlich mit lesen überbrücken. Allerdings schlief ich darüber mit meinen neuen feschen Wichtelmännchenhausschuhen auf der Couch ein und wurde erst unsanft vom Blitzlicht geweckt… ![]() Der Gottesdienst war ganz nett und als wir aus der Kirche kamen und plötzlich alles weiß war und auch weiterhin in dicken Flocken der Schnee fiel, war eigentlich alles in super Ordnung. Am nächsten Morgen gab es noch einmal Geschenke unterm Tannenbaum und in unseren selbst bemalten Christmas-stockings. Es war schon ein etwas anderes Weihnachtsfest, aber es wird mir sicher lange in guter Erinnerung bleiben. Lesen im Ice-Hockey-StadiumDie restliche Ferienzeit verbrachten wir mit reisen. Am 50. Geburtstag unseres Gastvaters mussten wir und seine gesamte Familie nach Detroit zu einem Ice-Hockey-Turnier fahren. Es war also nicht nur ein ewig dauerndes Spiel, sondern zwei! Das erste Spiel hielten Line und ich noch ganz tapfer durch und feuerten das Team mit den hübscheren Spielern an. Fast drei Stunden später als das nächste Spiel anfing, stießen wir allerdings an unsere Grenzen und die Bücher wurden herausgeholt. Wir saßen also in aller Ruhe inmitten hunderter laut schreiender und gestikulierender Hockeyfans und lasen unsere Bücher, was alle anderen sehr amüsierte.![]() Henry Ford oder "Maulig im Museum"Anschließend fuhren wir nach Kanada ins Hilton-Hotel um weiterzufeiern. Mein Gastvater, der seit Ewigkeiten mal wieder ein paar Cocktails getrunken hatte, fiel in dem feinen Restaurant etwas auf, als er ganz fröhlich und etwas angeheitert anfing zu singen: "Go-ho Redwings!" Es wurde aber ein sehr lustiger Abend. Ansonsten fuhren wir noch einige Male nach Detroit, ins Henry-Ford-Museum und zur ach-so-berühmten Autoshow, durch die ich maulend und desinteressiert hinter den anderen hertrottete, die alle 30 Sekunden stehen blieben, um ein Auto zu bewundern, das sowieso wie das vorige aussah.![]() Na ja, viel Spaß hatten wir aber alle in Indianapolis/Indiana, wo wir uns unter anderem die berühmte Rennstrecke ansehen konnten. Schneesturmwarnung und der Hang der Amis zur ÜbertreibungIn der Schule ging's dann gleich sehr stressig mit den Halbjahresexamen los, die aber alle sehr gut verliefen. Das Wetter im Januar spielte wirklich verrückt. Es war extrem kalt, wir hatten mindestens einmal die Woche Schneesturmwarnungen und mit etwas Glück zogen diese Stürme dann schulfrei nach sich. Im Fernsehen zeigten sie, wie man sich im Falle von Einschneiungen und Frostbeulen verhält, was meine norwegische Gastschwester jedes mal in Lachtränen ausbrechen lässt, da sie natürlich viel schlimmere Kälte gewöhnt ist. Aber für mich ist es immer wieder ein Erlebnis zum Briefkasten zu gehen und dabei bis zum Knie tief im Schnee einzusinken. (Das Schneeschaufeln ist allerdings ein weniger schönes Erlebnis…) Da wir keine Berge in der Nähe haben, bleiben mir also nur die Langlaufski - bei meinem letzten Versuch meinte meine herzige Gastfamilie allerdings nur, sie hätten es filmen und zu "America's funniest home-videos" schicken sollen. HAHA…Letzte Woche hatte ich ein Vorsprechen und -singen für das Musical "Annie" und habe vor einigen Tagen erfahren, dass ich zwei Rollen bekommen habe. Ich freue mich riesig, da die Leute alle sehr nett sind, wir viel Sing- und auch Tanzunterricht bekommen werden und die Proben einfach total viel Spaß machen! Hilfe ich träum von Mohnkuchen!Auch ansonsten ist alles super und ich genieße meine Zeit in vollen Zügen, immer im Blick, dass ich in wenigen Monaten wieder in Deutschland sein werde. In langweiligen Unterrichtsstunden ertappe ich mich schon dabei, wie ich mir ausmale, was ich alles essen möchte, wenn ich wieder da bin. Ganz oben auf der Liste stehen Döner und Muttis Mohnkuchen.Dann wünsche ich allen Schülern und Lehrern noch eine erholsame zweite Ferienwoche und denkt auch mal an Leute wie mich, die es nicht so gut haben und zur Schule gehen müssen! Take care and bye bye! Auch Dir weiterhin viel Spaß und noch viele tolle Erlebnisse |